Wir erinnern uns: Trainspotting, die Geschichte einiger Junkies aus Edinburgh, die zum Kultfilm avancierte. Das war vor 20 Jahren, Ende der 90er. Damals verliessen wir die Freunde Mark «Rent Boy» Renton, Daniel «Spud» Murphy, Simon «Sick Boy» Williamson und Francis «Franco» Begbie, als Renton seine «mates» gerade um einige Tausend Pfund erleichtert hatte. «I’m a bad person», resümierte er damals, versprach aber: «That’s going to change.»
Mit Trainspotting 2 brachte Regisseur Danny Boyle nun die zweite Hälfte der Drogen-Saga auf die Leinwände. Und Boyle, der bereits beim ersten Teil Regie führte, liefert. War der erste Teil ein dreckiger, abgefuckter Drogenzirkus, gespickt mit jugendlichem Zynismus und einer abgeklärten Gewissheit, wie sie wahrscheinlich nur Menschen unter 30 propagieren können, ist Trainspotting 2 die schlecht gealterte Version desselben. Schlecht für die Protagonisten, gut für das Publikum.
Denn 20 Jahre nachdem Renton sich grinsend und mit einer Tasche voller Geld weg aus Grossbritannien in seine Zukunft trollte, landet er wieder am Flughafen von Edinburgh. Die Stadt hat sich seither einer Schönheitskur unterzogen: Am Flughafen begrüssen Flugbegleiterinnen die Neuankömmlinge, im schicken Tram geht es downtown, vorbei an hübschen Touristenorten. Edinburgh hat die Gentrifizierung nicht verschlafen, ganz im Gegensatz zu unseren «Smackheads».
Spud kämpft noch immer mit seiner Heroinabhängigkeit, Frau und Sohn wollen nichts mehr mit ihm zu tun haben. Simon ist mittlerweile auf Koks umgestiegen und erpresst wohlhabende Männer mit Sextapes, auf denen sie mit Simons Freundin Viktoria zu sehen sind. Franco sitzt eine 25-jährige Haftstrafe ab und ist noch immer ein jähzorniges Arschloch, ihm gelingt aber die Flucht aus dem Gefängnis.
Auf dieses aufgeladene Ambiente trifft Renton, der die letzten 20 Jahre in Amsterdam gelebt hat, als er in seine alte Heimat zurückkehrt. Der Ex-Junkie scheint dabei der Einzige zu sein, der keine Probleme mit dem unaufhaltsamen Fortschritt hat, allerdings tut es schon fast weh, ihn so nüchtern zu sehen. Er scheint sich wirklich geändert zu haben. Doch genau wie bei seiner Heimatstadt ist dieser Wandel nur oberflächlich: «I’m fucked», konstatiert Renton. Und damit wären wir wieder bei der Trainspotting-Prämisse.
Trainspotting 2 basiert nur sehr lose auf der Buchvorlage Porno von Irvine Welsh. Das tut dem Film wahrscheinlich gut, er wirkt nicht halbgar wie so viele Buchverfilmungen.Das Stück ist die logische Konsequenz aus seinem Vorgänger, die Momentaufnahme einer Charakterstudie. Der jugendliche Zynismus ist altersbedingter Resignation gewichen. Der berüchtigte «Choose life»-Monolog aus dem ersten Teil gibt sich auch im Nachfolger die Ehre, allerdings ohne grossspurige Anwandlungen jugendlicher Abgeklärtheit. Diesmal ist er nur bittere, enttäuschte Selbstreflexion.
Überhaupt ist der Film mit Referenzen an seinen Vorgänger vollgeladen: Die dreckige Toilette, das Drogenzimmer, der Zug ins Nirgendwo und die dazugehörige Wiese, Rentons Beinaheunfall mit einem Auto. Weder der Film noch die Protagonisten kommen von ihrer Vergangenheit los, ausser der gesamten Stadt hat sich nämlich nichts geändert. Es wird gerannt, gekämpft, gesoffen und gewütet, in Freeze Frames wird in Sekundenbruchteilen die ganze Wut und Agonie im Standbild auf den Bildschirm gebannt.
Renton, Spud, Simon und Begbie sind die abgehängten Loser einer übertünchten Vergangenheit, die wie Altersflecken hier und da das neue Idyll stören. «I’m one of the last natives around here, I’m not gonna leave», sagt Spud. Also bleiben sie und lauern hinter der schöngeputzten Fassade Edinburghs, als konstante Erinnerung an die Vergangenheit.
Bildurheber: Sony Pictures
Platte Unterhaltung und schräger Humor: Passend für jeden, der beim Filmschauen den Kopf nicht anstrengen mag.
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